Erste große Liebe

 

 

 

Vor zwei Jahren traf ich meine erste große Liebe und das geschah so:

 

 

 

Es ist Montag und alle sitzen gelangweilt gähnend auf den harten,  hölzernen

 

Schulbänken der Klasse 7b. Die Mädchen tuscheln leise über süße oder total doofe Jungs und ich sitze alleine auf meiner Zweierbank. Hin und wieder höre ich sie über mich reden: „Der Johannes ist ja voll doof mit seinen komischen Kleidern, die er immer trägt!“

 

In der ersten Stunde haben wir Deutsch, das mich überhaupt nicht interessiert. Ich denke darüber nach, wie es wohl wäre, eine Freundin zu haben. So richtig mit küssen und zusammen sein. Ich seufze leise, denn leider werde ich nicht so richtig gemocht und da ist es egal, was ich tue. Doch in der fünften Stunde, als wir Mathe haben, passiert etwas sehr Aufregendes:

 

 

 

Herr Kauz kommt genau zwei Minuten nach dem Stundengong in unseren Klassenraum zusammen mit einem hübschen Mädchen. Ein Raunen geht durch den Raum. Das Mädchen hat braune Haut und lange schwarze Haare, die im Sonnenlicht glänzen und bis zur Mitte von ihrem Rücken gehen.  Die warmen, braunen Augen des Mädchens blicken schüchtern in der Klasse umher und bleiben an mir hängen. Sie lächelt mich an und ich lächel zurück. Doch dann zerreißt Herr Kauz den schönen Moment, indem er sagt: „Ich habe heute erst erfahren, dass ihr eine neue Schülerin bekommt.“ Mit einem ernsten Blick zu mir und den anderen Jungs meint er: „Und ich wünsche mir, dass ihr alle nett zu ihr seid, verstanden?“

Allgemeines Nicken.

 

„Gut, dann erzähl uns doch bitte mal etwas von dir“, fordert er das Mädchen auf. Doch die Neue reagiert nicht. Herr Kauz sagt es nochmal, aber auch beim zweiten und beim dritten Mal bleibt das Mädchen stumm.

 

Da rufe ich in die Klasse: „Vielleicht kann sie kein Deutsch, sondern nur Englisch sprechen?!“Herr Kauz versucht es, und als die Neue zögernd anfängt zu sprechen, bin ich ziemlich stolz.

 

 

„Hallo, ich heiße Joana, bin 13 Jahre alt und meine Familie und ich sind von Brasilien hierher nach Friedrichsdorf gezogen.

 

Ich kann noch kein Deutsch sprechen, aber ich bin mir sicher dass ich es hier schnell lernen werde. Ich wünsche mir,  dass ich hier schnell Freundinnen UND  einen Freund finden werde.“Joana zwinkert mir zu, und plötzlich dreht sich alles in meinem Kopf und mein Herz klopft heftig.

 

 

Unterdessen erzählt Joana mit kräftigerer Stimme weiter: „Ich habe eine Schwester, die seit einem Reitunfall im Rollstuhl sitzen muss. Deshalb habe ich große Angst vor Pferden und Ponys.

 

 

Meine Schwester heißt Lilly und meine Mutter heißt Anna. Wir sind eine reine ´´ Mädchenbande´´ , denn mein Vater ist vor sechs Monaten an Krebs gestorben und ich vermisse ihn sehr.“Als sie das sagt wischt sie sich eine Träne aus dem Augen-winkel. Plötzlich habe ich großes Bedürfnis sie zu trösten, doch das mache ich nicht denn das wäre zu peinlich gewesen.  

 

Da kommt Herr Kauz wieder zu Wort: „Gut, dann setz dich doch bitte mal neben Johannes“, sagt er und zeigt auf mich. Joana nickt und geht zielstrebig zu meiner Bank. Schnell rücke ich ein Stück zur Seite und Joana hockt sich neben mich.

 

 

„Hallo“, sagt sie zu mir und lächelt wieder so sanft. „Hallo“, bringe ich mühsam hervor. In meinen Ohren rauscht es und meine Knie sind ganz weich. Ich schaffe es nicht mehr, mich auf den Unterricht zu konzentrieren, denn ständig schiele ich zu Joana hinüber. Als die Schule aus ist, packen wir unsere Sachen zusammen und Joana fragt: „Willst du mit mir gehen?“ Ich starre sie völlig perplex an: „Ob ich mit dir gehen möchte?“ Jetzt schaut Joana recht verwirrt. Da merke ich, dass ich Deutsch geredet habe. Also sage ich: „You want to be together with me? You want to go with me like boyfriend and girlfriend?” Da lacht Joana plötzlich und meint: “No, we go home” „ A…a…ach so“, stammel ich und dann schiebt Joana mich aus dem Klassenraum und wir gehen nach Hause.

 

 

 Es stellt sich heraus, dass wir genau in derselben Straße wohnen und deshalb frage ich sie, ob wir nach dem Mittagessen in den Kletterwald gehen wollen, doch da ruft Joana ganz hektisch: „Nein! Ich hab doch so große Höhenangst!!“ „Ooch !“, bettel ich, „wir klettern auch nur Bahn 1 und Bahn 2. Versprochen!!“ Nachdem sie sich vergewissert hat, dass wir wirklich nur Bahn 1 und Bahn 2 klettern, kommt sie schließlich mit in den Kletterwald.

 

 

Als wir im Kletterwald mit Bahn 2 fertig waren, wollte Joana plötzlich Bahn 3 und 4 klettern. Denn auf einmal hatte sie überhaupt keine Höhenangst mehr.

 

„Das habe ich nur dir zu verdanken!“, strahlt sie und gibt mir einen dicken Kuss auf die linke  Wange. Da ich spüre, wie mir das Blut in den Kopf schießt, drehe ich  ihn schnell weg, damit Joana nicht sieht, wie sehr ich mich freue.

 

Die Tage vergehen und Joana lernt eifrig Deutsch. Und ich verknalle mich immer mehr in sie. Jedes Mal wenn ich sie sehe, bekomme ich Herzklopfen und immer wenn sie mich berührt, geht eine warme Welle durch meinen Körper. Und das passiert ziemlich oft, schließlich gehen wir jeden Morgen zusammen zur Schule.

 

 

 

 Als Joana nun schon drei Monate auf unsere Schule geht, bleibt sie eines Morgens einfach stehen und schaut mir ganz tief in die Augen.  Plötzlich ist es so, als würde mir mein Herz aus der Brust springen und mir ist ein bisschen  schwindelig. „Ich hab von Anfang an gewusst, dass du etwas ganz Besonderes bist. Und dann hast du mir auch noch mit meiner Höhenangst geholfen“,  sagt sie mit ihrem süßem leicht brasilianischen Akzent. „Du bist einfach toll“, fügt sie noch hinzu.   Und dann küsst sie mich sehr zärtlich. Und als sie aufhört, murmel ich in ihre Haare: „I love you” Und da sagt sie: „Ich liebe dich auch.” Und nach einer kurzen Pause: „Ganz sehr doll.“ Da staune ich, wie gut sie schon Deutsch kann.

 

 

 

Ein Raunen geht durch die Klasse, als Joana und ich fünf Minuten später Hand in Hand ins Klassenzimmer kommen. Die Mädchen fangen sofort an zu tuscheln und die Jungs werfen mir neidische Blicke zu. Doch das stört mich überhaupt nicht, denn heute Abend gehen wir ins Kino in einen Gruselfilm.

 

 

Joana und ich sind jetzt zusammen, so wie ich es mir vor drei Monaten gewünscht habe…und wir beide verbringen miteinander eine wunderbare Zeit.

 

 

Durch Joana bin ich leider noch unbeliebter geworden da alle Jungs aus meiner Klasse sehr neidisch auf mich sind, aber das macht mir natürlich nichts aus.

 

 

 

Zwei Jahre später bin ich trotz mancher Streitereien immer noch mit Joana zusammen und wir beide wissen, dass das noch nicht mal ein Viertel  unserer Beziehung war. Jetzt gehe ich mit Joana noch einmal in den Gruselfilm, wo alles anfing…

 

                      J & J

 

               =  LOVE