Der letzte Menatten

 

„DING DONG!“ Es klingelte heute schon zum achten Mal! Jetzt sind schon zwei Tage vergangen seit ich ihm begegnete.

 

 Es war ein normaler Schultag als ich los marschierte zum Klassenraum der 9c. Ich war circa 20 Treppenstufen entfernt, als ich meinen Namen hörte: „Liliana!“ Ich ärgerte mich, weil eigentlich jeder wußte daß ich LIL, ganz schlicht und einfach LIL genannt werden will. Ich drehte mich um, um der Person dies zu erklären. Doch als ich mich umdrehte, sah ich nichts, nothing! „HIEER! SCHAU DOCH AUF DEN BODEN“ Ich hörte die gleiche, trällernde Stimme erneut und schaute auf meine Füße. Ich sah nichts anderes als meinen Schatten, aber… Nein! Das war nicht mein Schatten, er war viel rundlicher und kleiner. Außerdem erkannte man seltsamer Weise ein hämisches Grinsen auf dem Gesicht des Schattens. „Endlich siehst du mich, wir müssen sprechen und zwar sofort! Am Besten du folgst mir jetzt einfach, ich kenne einen guten-“ „Halt STOP! Erst einmal um das klar zu stellen, ich lass mich nicht einfach von einem fremden “Schatten?“ anquatschen und schon gar nicht werde ich dir folgen, einfach NEIN! Außerdem könntest du mir auch freundlicher Weise erst einmal erklären, wer du bist, woher du meinen Namen kennst und wieso zur Hölle plötzlich ein Schatten mit mir redet?! “ rief ich entsetzt und war stolz, dass ich heute so schlagfertig war! Doch anscheinend hatte mir der Schatten gar nicht richtig zugehört, denn er ignorierte mich einfach, schnippste mit den Fingern und plötzlich standen wir beide alleine in einem leeren Wald. So, das reichte mir! Ich rannte einfach weg und kam glücklicher Weise direkt an der Forsest Hill Road hinaus. Ich flitzte an dem kleinen Süßigkeiten Laden vorbei, jetzt war mein Haus schon in Sichtweite! Schnell sprintete ich zur Haustür und schloss auf.

 

Ja, wie schon gesagt, das alles war jetzt zwei Tage her. Seitdem hatte ich 86 anonyme Anrufe bekommen und gefühlte jede fünf Minuten war ein Klingeln zu hören. Meine Eltern waren wie üblich auf Weltreise, früher hatte ich ja noch einen Überblick ob sie sich gerade in Frankreich oder China befanden, doch jetzt wußte ich nicht mehr einmal in welchem Kontinent sie ware- „DING DOONG“ und schon wieder! Langsam ging mir dieser Schatten echt auf die Nerven, was zum Himmel wollte er von mir? Wegen ihm traute ich mich nicht mehr in die Schule, Leute machten sich bestimmt schon Sorgen und außerdem machte mir das ganze schon ein wenig Angst!

 

Irgendwann riss ich mich dann zusammen und öffnete die Tür. Wie erwartet stand der kleine, runde Schatten vor mir. Ich wollte ihn schon aus Wut anbrüllen, doch da geschah etwas Komisches. „Bitte Liliana, du musst mir helfen, ich wollte es dir eigentlich in Ruhe sagen, aber dann sag ich es dir halt jetzt! Es ist nämlich so, du bist der letzte Menatten, eine Mischung aus Mensch und Schatten. Genauso wie ich, das heißt, du hast die Möglichkeit, ein Mensch oder ein Schatten zu sein! Ein Schatten wird ein Menatten nur, wenn er einen Tropfen Blut von sich nimmt, zwischen Daumen und Mittelfinger schmiert und ein Mal schnippst. Dies muss vor Mitternacht wiederholt werden, sonst bleibt der Menatten für immer ein Schatten. Und genau das ist mir passiert! In dem großen Buch der Menatten steht, dass wenn ein Menatten seinen Menschen verloren hat, kann ihm nur geholfen werden, indem ein Frischling-Menatten ihm einen Gegenstand findet, der stachelig und glatt, glänzend und matt und groß und klein zugleich ist! Dieses Rätsel wurde bisher noch nie gelöst und alle einem Menschen verlorenen Menatten mussten für immer ein Schatten bleiben! Wenn du mir nicht hilfst, kann es sein, dass die Menatten aussterben! Bitte Liliana, denk nach und hilf mir!“ eine dicke Träne kullerte dem Schatten die Wange hinunter.

 

„Also nimm es mir bitte nicht übel, aber ich brauche jetzt echt erst einmal eine Menge Zeit, um das alles zu verdauen, ich werde versuchen dir zu helfen! Wir treffen uns morgen an der gleichen Stelle. Ciao!“

 

Ich war echt schockiert, also beschloss ich, mir einen heißen Kakao zu gönnen und mich auf meine Hollywood Schaukel zu setzen, so konnte ich immer am besten nachdenken! Außerdem war es hübsch, den bunten Herbst zu beobachten! Also setzte ich mich hin und versuchte meinen Kopf frei zu bekommen. „AUTSCH“ quiekte ich auf. Was war das? Ach, bloß eine blöde Kastanie! Ich öffnete die stachelige Schale mit einem Stock und nahm die glänzende Kastanie heraus. Nach einer Weile ging mir ein Licht auf! „Ich hab’s!!“rief ich auf! „Die Antwort ist Kastanie! Stachelig die Schale , glatt die Kastanie, groß die Kastanie also der Baum und klein ist die normale Kastanie! JUHU!“ erleichtert steckte ich die Kastanie in meine Tasche und flitzte hinaus. „SCHATTEN? SCHATTEN?“

 

Ich wartete kurz und schon stand er vor mir. „UND…?“ fragte er erwartungsvoll. Freudig erklärte ich ihm die Lösung. Der Schatten war außer sich vor Freude, umarmte, küsste (naja, so, wie das bei einem Schatten geht) mich und rannte wie ein Verrückter herum.

 

Nach fünf Minuten hatte er sich endlich beruhigt. „Wie bekommst du deinen Menschen jetzt eigentlich wieder?“ fragte ich. „Ach das ist nicht schwer, schau einfach zu!“ Er schnappte sich die Kastanie und sagte dreimal hintereinander “Einatsak“. Plötzlich tippte mich von hinten jemand an, erst fuhr ich zusammen doch dann erkannte ich ihn; einen kleinen rundlichen Mann mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht.

 

(12 Jahre)